Zuviel gesagt: Die Welt des Pleonasmus

Ein Pleonasmus ist überflüssig und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Denn das griechische πλεονασμός bedeutet genau das: Überfluss oder Übertreibung. In der Grammatik beschreibt man damit sprachliche Konstruktionen, die Informationen mit unnötig vielen Wörtern vermitteln. Dabei sind nicht alle Fälle so deutlich zu erkennen wie zum Beispiel die „weibliche Kandidatin“.

So wie ein Tropfen zuviel das Glas zum Überlaufen bringt, sorgen überflüssige Wörter für einen Pleonasmus.

Doppelt gesagt ist zuviel gesagt

Wenn wir Begriffen, die sich auf Personen beziehen, die Endung -in anhängen, kennzeichnen wir damit die weibliche Form. Die Kandidatin ist also schon durch die beiden Buchstaben am Ende als Frau erkennbar. Wir müssen ihr biologisches Geschlecht nicht zusätzlich durch das Wort „weiblich“ beschreiben. Das wäre ein Pleonasmus. Es hat auch nichts mit Gendern zu tun.

Eine Eigenschaft der Altstadt ist es, alt zu sein. Es ist unnötig, sie als „historische Altstadt“ zu bewerben. Auch brauchen wir keine Prognosen für die Zukunft, weil sich eine Prognose immer auf Zukünftiges bezieht und es keine Prognose für die Vergangenheit oder Gegenwart gibt. Menschen, die sich einigermaßen mit Computern auskennen, würden auch nie sagen, dass etwas „vorprogrammiert“ ist. Denn Programmieren dient dazu, dem Computer zu sagen, was er zukünftig in bestimmten Situationen tun soll.

Etwas schwieriger zu erkennen sind solche Dopplungen, wenn ein Teil der Bedeutung in einem Fremdwort steckt. Um das rythmische Aufstehen und Hinsetzen auf Zuschauertribünen zu beschreiben, reicht die La Ola. Man muss nicht das Wort „Welle“ anhängen, weil das spanische Wort „ola“ genau das bedeutet. Ebenso falsch ist es, die zu Dänemark gehörende Inselgruppe als „Färöer-Inseln“ zu bezeichnen, denn der Name Färöer lässt sich mit „Schafsinseln“ übersetzen.

Dopplungen mit Abkürzungen

Ihr habt wahrscheinlich schon mal PIN-Nummer, HIV-Virus oder PDF-Format gesagt. Auch diese Ausdrücke sind Pleonasmen. Denn das ausgeschriebene Wort nach dem Bindestrich steckt jeweils schon im letzten Buchstaben der Abkürzung. PIN steht für eine persönliche Identifikationsnummer, HIV für human immunodeficiency virus und PDF für Portable Document Format. Es hilft also, die Bedeutung von Abkürzungen zu kennen, um solche sprachlichen Fehltritte zu vermeiden.

Rhetorisch wird der Pleonasmus zum Hendiadyoin

Wir kennen alle auch Ausdrücke wie „nie und nimmer“, „Grund und Boden“ oder „Feuer und Flamme“. Auch hier ist eine einzige Bedeutung mit unnötig vielen Wörtern ausgedrückt. Allerdings beruht die Verwendung der doppelten Formen hier nicht auf fehlendem Wissen, sondern dient der Rhetorik. Solche Ausdrücke werden also als Stilmittel eingesetzt, um etwas besonders zu betonen und intensiv zu beschreiben. Dieses Stilmittel bezeichnen Rhetoriker mit dem komplizierten Wort Hendiadyoin. Aus dem Griechischen übersetzt bedeutet es: eins durch zwei.

Zwei kleine überflüssige Wörter

Wenn wir schon von überflüssigen Wörtern reden, möchte ich noch auf zwei Wörter hinweisen, die aus meiner Sicht überflüssig sind, jedenfalls in bestimmten Zusammenhängen. Da kann man sie einfach weglassen und die Aussage wird dadurch nicht eingeschränkt, sondern vereinfacht. Es sind zwei kleine, relativ unauffällige Wörter, nämlich „mit“ und „wieder“. Oft ist zu hören, dass jemand bei einer Veranstaltung oder irgendeiner Aktion „mit dabei“ war. Sagt doch einfach, dass er oder sie dabei war. Schließlich wissen wir doch von den Olympischen Spielen: Dabeisein ist alles. Ähnlich sinnlos ist die Aussage, dass jemand oder etwas wieder zurückkommt. Mit dem Wörtchen „wieder“ drücken wir schließlich eine Wiederholung aus. Um wieder zurückkommen zu können, müsste es vorher schon mal eine Rückkehr gegeben haben.