Mit der eigenen Handschrift Zeichen setzen

Wenn wir in der heutigen Zeit immer mehr am Computer oder Handy schreiben, erscheint die Handschrift auf den ersten Blick wie eine aussterbende Art. Doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass das Schreiben mit der Hand weiterhin eine wichtige und wertvolle Tätigkeit ist.

Die Handschrift bleibt wichtig.

Durch die Hand in den Kopf

Wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, verbessert das manuelle Schreiben nicht nur die motorischen Fähigkeiten der Hand. Es hat auch positive Einflüsse auf das Denken und Lernen. Wir können Informationen besser verarbeiten, wenn wir sie auf Papier notieren – durch die Hand in den Kopf. Wer als Zuhörer eines Vortrags auf dem Laptop mitschreibt, tippt alle Informationen in die Tastatur. Handschreiber hingegen notieren eher die wichtigeren Dinge und fassen Informationen zusammen, allein schon, um Zeit zu sparen. Mittlerweile gibt es Smartphone-Apps für Notizen oder für Sprachaufnahmen. Aber wenn man sich nur mal kurz was notieren möchte, ist es oft einfacher, zu Stift und Papier zu greifen. Zur Vorbereitung dieses Artikels habe ich mir zum Beispiel Stichworte auf einem Blatt Papier notiert. Der Zettel auf dem Tisch ist auch eine optische Erinnerung an eine zu erledigende Aufgabe.

Eigene Handschrift

Foto: Rui Fernandes, Girl writing (4930218619), CC BY 2.0

Wenn man die individuelle Leistung eines Menschen oder eine Besonderheit in dessen Tätigkeit beschreiben möchte, spricht man oft davon, dass die eigene Handschrift erkennbar ist. Diese Redensart kommt natürlich nicht von ungefähr. Was jemand aufs Papier bringt, wenn er mit der Hand schreibt, ergibt immer ein individuelles Muster. Natürlich sieht ein A auch in der Handschrift anders aus als ein S, aber bei jedem Menschen sind gewisse Merkmale wie Dicke der Linien, Schnörkel, die Verbindung der Buchstaben etc. erkennbar. Daher muss ein Testament handschriftlich verfasst werden. Der Vergleich von Handschriften hilft sogar der Forensik.

Wichtig sind die individuellen Unterschiede außerdem bei der Unterschrift. Indem man seinen Namen handschriftlich unter ein Dokument setzt, geht man oft eine rechtliche Verpflichtung ein und erkennt den Inhalt des Textes an. Bei Politikern und hochrangigen Wirtschaftsvertretern wird das Unterschreiben eines wichtigen Vertrags oft zum Medienereignis.

Um überhaupt erstmal schreiben zu lernen, ist es hingegen wichtig, erstmal die Eigenheiten der Buchstaben kennenzulernen. Zur Orientierung dienen dabei die Ausgangsschriften. Je mehr Erfahrung man sammelt, desto individueller wird dann die persönliche Handschrift.

Handschrift als Kunst und Kultur

Donaueschinger Handschrift des Nibelungenlieds

Handschrift hat außerdem eine Bedeutung als Kulturgut. Bevor die Drucktechnik und später die digitalen Geräte erfunden wurden, konnten die Menschen ihre Texte nur handschriftlich festhalten. Die bekanntesten Texte des Mittelalters wie beispielsweise das Nibelungenlied oder das bis heute rätselhafte Voynich-Manuskript blieben uns in oft kunstvoll gestalteten Handschriften erhalten. Noch älter sind Hinterlassenschaften in Hieroglyphen oder Keilschrift, die nicht auf Pergament oder Papier festgehalten wurden, aber auch das Ergebnis von Handarbeit sind. Dabei wird deutlich, was der eigentliche Sinn hinter der Erfindung der Schrift allgemein ist: Sprache unabhängig von Zeit und Ort zu machen.

Nicht nur bei ganz alten Texten fällt es ungeübten Lesern oft schwer, die Schrift zu entziffern. Auch die deutsche Kurrentschrift, andere Frakturen oder das in der Großeltern-Generation beliebte Sütterlin sind aus heutiger Sicht schwierig zu lesen. Wie aus Schrift Kunst wird, zeigt die Kalligrafie. Vor allem bei Schriftstücken wie persönlichen Briefen oder Glückwunschkarten bemühen wir uns um eine schöne Schrift. Fonts wie Lucida Handwriting bringen das Schönschreiben sogar in die Textverarbeitungssoftware auf dem Computer. So kommen Handschrift und gedruckte Schrift zusammen.