Was macht einen guten Roman oder ein anderes gutes Werk aus der Literatur aus? Bevor ich näher auf diese Frage eingehe, lest euch bitte mal den folgenden Text durch.
Wie gut ist dieser Krimi?
Es begann mit einer Serie von Einbrüchen in Unternehmen, die sich auf erneuerbare Energien und Klimaschutz spezialisiert hatten. Die Diebe hatten es nicht auf Geld oder Wertgegenstände abgesehen, sondern auf Technologie und Daten, die in diesen Unternehmen entwickelt wurden. Sophie arbeitete hart daran, den Fall zu lösen und die Diebe zu fassen, aber sie stieß auf eine Mauer aus Geheimhaltung und Misstrauen.
Die Ermittlungen führten Sophie und ihr Team zu einem rivalisierenden Unternehmen, das versuchte, ihre Konkurrenten auszuschalten und ihre Dominanz auf dem Markt zu sichern. Sophie konnte Beweise sammeln und die Verdächtigen schließlich verhaften, aber der Fall hatte sie nachdenklich gemacht.
Sie fragte sich, was hinter den Einbrüchen steckte und warum es für einige Unternehmen so wichtig war, ihre Konkurrenten auszuschalten. Sophie begann, sich tiefer mit dem Thema zu beschäftigen und stieß auf ein Netzwerk von Unternehmen, Politikern und Lobbyisten, die sich gegen den Klimaschutz verschworen hatten.
Sophie erkannte, dass der Fall viel größer war als sie angenommen hatte. Sie begann, undercover zu arbeiten und fand heraus, dass es eine geheime Organisation gab, die sich “Die Erneuerbaren” nannte. Die Organisation hatte das Ziel, den Klimaschutz zu sabotieren und die fossile Brennstoffindustrie zu fördern.
Sophie arbeitete eng mit einem Umweltschutzaktivisten namens Tom zusammen. Tom war ein Idealist und glaubte, dass der Klimaschutz die einzige Möglichkeit war, die Welt vor einer Katastrophe zu bewahren. Sophie bewunderte Toms Leidenschaft und Entschlossenheit, aber sie wusste auch, dass sie als Polizistin objektiv bleiben musste.
Gemeinsam fanden Sophie und Tom heraus, dass “Die Erneuerbaren” einen Anschlag auf eine große Klimakonferenz geplant hatten. Die Konferenz sollte die Zukunft der erneuerbaren Energien in der Region bestimmen und war ein wichtiger Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel.
Sophie und Tom schafften es, den Anschlag zu verhindern, aber sie wussten, dass sie noch viel Arbeit vor sich hatten. Sie hatten einen Gegner, der reich und mächtig war und keine Skrupel hatte, über Leichen zu gehen, um ihre Ziele zu erreichen.
Sophie beschloss, ihre Karriere bei der Polizei aufzugeben und sich vollständig dem Kampf gegen den Klimawandel zu widmen. Sie gründete eine Non-Profit-Organisation, die sich für den Klimaschutz einsetzte und arbeitete eng mit Tom und anderen Aktivisten zusammen.
Sophie wusste, dass der Weg vor ihr steinig und gefährlich war, aber sie war entschlossen, alles zu tun, um die Welt zu retten und eine bessere Zukunft für alle zu schaffen. Es würde ein langer und schwieriger Kampf werden, aber Sophie war bereit, ihn anzunehmen. Sie wusste, dass jeder kleine Schritt, den sie und ihre Mitstreiter unternahmen, einen Unterschied machen konnte und dass es auf sie ankam, das Bewusstsein für die Bedeutung des Klimaschutzes zu schärfen und die Notwendigkeit von Veränderungen zu verdeutlichen. Sophie war entschlossen, ihren Teil dazu beizutragen, dass die Welt ein besserer Ort für alle wurde.
Ein Text aus der Maschine
Gefällt euch diese Geschichte? Wollt ihr mehr von diesem Autor lesen? Falls ihr diese Fragen mit Ja beantwortet, könnt ihr jetzt nicht einfach in die nächste Buchhandlung oder einen Online-Shop gehen, um ein Buch zu kaufen. Denn den oben stehenden Text hat das derzeit viel diskutierte KI-Programm ChatGPT auf meine Aufforderung hin produziert. Ich habe der künstlichen Intelligenz dafür folgende Aufgabe gestellt: „Schreib einen Krimi mit einer jungen Kommissarin, der in Düren spielt und bei dem es um Klimaschutz geht.“ Nachdem als Antwort nur ein kurzer Text kam, habe ich noch ergänzt: „Mach daraus einen Roman.“ Das Ergebnis war dann der oben stehende Text.
Die Schwäche der künstlichen Intelligenz ChatGPT
Wer schon mal echte Krimis oder andere Romane gelesen hat, wird allerdings nicht viel Gefallen an den literarischen Versuchen von ChatGPT finden. Wer sich etwas mit Literatur und Sprache auskennt, bemerkt schnell, dass die künstliche Intelligenz (noch?) nicht kreativ genug ist, um wirklich eine spannende Geschichte zu schreiben.
In meinem anderen Blog Kein Blatt habe ich mich zuletzt schon zweimal mit dem Programm beschäftigt, einmal in einer allgemeinen Analyse seiner Fähigkeit und einmal mit der Frage, was wir daraus für unser Bildungssystem lernen können. Eine große Schwäche, die dabei schon deutlich wurde, steht auch der schriftstellerischen Karriere von ChatGPT im Weg: Die Software weiß nicht wirklich, was sie da erzählt. Denn sie denkt und redet nicht wie ein Mensch, sondern beschäftigt sich nur mit Mathematik, genauer gesagt mit Wahrscheinlichkeitsrechnung und setzt einfach die wahrscheinlichsten Wörter hintereinander, bis Sätze entstehen.
ChatGPT als schlechtes Beispiel: viele Floskeln, ein Grundgerüst und wenig Inhalt
Das merkt man dann auch den ausgespuckten Ergebnissen an. Wenn man den maschinell produzierten Text genauer betrachtet, fallen schnell die zahlreichen Floskeln auf. Die Protagonistin wird als “junge, ehrgeizige Kommissarin” beschrieben, während die Antagonisten “Konkurrenten ausschalten” wollen. Am Ende bleibt der Weg “steinig und gefährlich”. Sophie möchte “eine bessere Zukunft für alle” und “einen Unterschied machen”, damit “die Welt ein besserer Ort für alle” wird. Solche Beschreibungen kommen uns bekannt vor. Das ist kein Wunder, denn ChatGPT wurde schließlich mit großen Mengen an vorhandenen Texten trainiert. Nun reproduziert es Wortkombinationen, die immer wieder vorkommen.
Auffällig sind ebenso die sehr allgemein gehaltenen Sätze. So ist pauschal von rivalisierenden Unternehmen die Rede, ohne diese zu benennen oder näher zu beschreiben. Letztlich ist das, was ChatGPT hier produziert, wie eine Textvorlage. Aus dem Übungsmaterial macht es ein paar typische Krimi-Inhalte. Eine ehrgeizige, positiv eingestellte Protagonistin mit einem helfenden Nebendarsteller auf der einen Seite, böse Antagonisten und eine Verschwörung auf der anderen Seite. Am Ende noch ein bisschen heile Welt dazu, fertig ist das Grundgerüst. Die Variablen werden wie in einem Lückentext mit den Angaben aus der Aufgabenstellung gefüllt, in meinem Beispiel also das Genre Krimi, die junge Kommissarin als Protagonistin, Düren als Handlungsort und Klimaschutz als Thema. Weitere Lücken werden aus dem Wortfeld des Klimaschutzes gefüllt: erneuerbare Energien, Klimakonferenz etc.
Komplexere Handlung bringt mehr Spannung
Die künstliche Intelligenz arbeitet die Aufgabe also nach einem Schema ab. Das ist alles nicht besonders anspruchsvoll im Vergleich zu einem echten Roman. Für dessen Komplexität fehlt dem ChatGPT Produkt allein schon die Textlänge. Ein Text wie oben mit knapp 500 Wörtern reicht noch nicht mal für eine ordentliche Kurzgeschichte. Es wirkt eher wie ein Schnelldurchlauf. Wir haben gerade die Einleitung hinter uns, da heißt es schon, dass der Fall größer war als angenommen. Ein paar Zeilen weiter ist der Fall schon gelöst. Dabei erfahren wir gar nicht, wie Sophie und ihr Helfer Tom das geschafft haben. Wir erfahren erst recht nicht, wie sie sich dabei gefühlt haben.
Ein echter Roman hat eine wesentlich längere und komplexere Handlung. Oft gibt es sogar mehrere parallel laufende Handlungsstränge sowie Rückblicke und Andeutungen zukünftiger Geschehnisse. Wir erleben schnelle Action im Wechsel mit ruhigeren, beschreibenden Abschnitten. Der umfangreichere Text ermöglicht es außerdem, die Personen zu charakterisieren, sodass sich die Leser mit ihnen identifizieren können. Je nach Erzählperspektive können wir die Gedanken und Gefühle eines oder mehrerer Protagonisten miterleben. Vor allem in Genres wie Krimi oder Thriller, die von der Spannung leben, zeichnet sich ein guter Roman zudem durch Cliffhanger aus. Eine künstliche Intelligenz weiß nicht, wie sie die Kapitel so einteilt, dass sie jeweils an einem spannenden Moment enden und so zum sofortigen Weiterlesen anregen.
Die Fantasie des Schriftstellers
Jetzt fehlt noch die wichtigste Zutat für einen guten Roman. Es ist die lebhafte Fantasie, die der Schriftsteller mitbringt. Der Autor nutzt seine Lebenserfahrung, um sich die Welt auszudenken, in der die Handlungs des Buchs spielen soll. Dabei sind ihm keine Grenzen gesetzt. Eine realistische Szenerie in der Gegenwart ist ebenso möglich wie ein Ausflug in die Vergangenheit oder Zukunft. Die Welt des Romans kann auch völlig ausgedachte Welt sein, zum Beispiel auf einem fremden Planeten. Letzteres gehört dann natürlich eher in die Science-Fiction als in das Krimi- oder Thriller-Genre.
Die beste Fantasie hilft dem Schriftsteller nicht, wenn er seine Gedanken sprachlich nicht gut ausdrücken kann. Ein guter Autor beherrscht die Sprache. Er kann daher vielfältiger und abwechslungsreicher formulieren als jede KI. In den Werken des englischen Großmeisters William Shakespeare wurde beispielsweise ein fünfstellige Zahl unterschiedlicher Wörter ermittelt. Sein deutscher Kollege Goethe hinterließ uns ebenfalls berühmte Zitate und vielfältige Werke aus unterschiedlichen Genres. Diese fantasievolle Literatur regt uns mehr zum Lesen an als ChatGPT und Co.