Am morgigen Sonntag findet die Bundestagswahl 2021 statt. Im Wahlkampf wurde in den letzten Wochen viel geredet. Aber es gibt noch einiges zu sagen, wenn wir uns die Wahl mal aus sprachlicher Sicht mal genauer ansehen. Manches klingt negativ, manches unverständlich und es gibt aber auch viele positive Aspekte.
Die Stimme an der Urne abgeben
Wenn man sich den Vorgang am Wahltag ansieht, klingt manches erstmal negativ. Wir geben unsere Stimme ab. Haben wir sie dann nicht mehr? Haben wir nach der Stimmabgabe nicht mehr zu sagen? Der Stimmzettel kommt außerdem in die Urne. Warum heißt der Behälter mit dem Schlitz wie ein Gefäß, in dem die Asche eines Toten aufbewahrt wird? Im Englischen ist es übrigens eine „ballot box“; der Behälter wird also nüchterner als Kiste beschrieben. All das gehört jedoch eher zu den Kuriositäten.
Unverständliche Wahlprogramme zur Bundestagswahl
Ein ernsthafteres Problem zeigt der Blick auf die Wahlprogramme. Die kompletten Texte liest zwar außer Journalisten und Berufspolitikern kaum jemand, aber wenn die Leute es täten, hätten sie wahrscheinlich immer größere Schwierigkeiten. Die Programme zur Bundestagswahl 2021 umfassen nach einer aktuellen Studie im Schnitt mehr als 40.000 Wörter und vor allem eine Menge komplizierter Begriffe. Dazu gehören nichtssagende Ausdrücke wie Agri-FoodTech-Wagniskapitalfonds, Anglizismen wie Cybergrooming und lange Wörter wie Quellentelekommunikationsüberwachung. Da wäre mehr Klartext wünschenswert. Mal ganz abgesehen davon, dass wichtige Themen nicht nur sprachlich viel zu wenig Beachtung finden.
Wir haben die Wahl
Bei allen Problemen hat die Bundestagswahl auch sprachlich viel Positives zu bieten. Wir haben nämlich die Wahl. Auf dem Stimmzettel können wir zwischen zahlreichen Alternativen die für uns beste Partei und den besten Kandidaten oder die beste Kandidaten auswählen. 47 Parteien gibt es in diesem Jahr zur Auswahl, davon 40 mit Landeslisten. Allein im Wahlkreis 90 meiner Heimat stehen elf Kandidaten bei der Erststimme auf dem Zettel. Das ist alles andere als alternativlos. Apropos Kandidaten. Das Wort ist sprachlich auch interessant. Es kommt aus der Zeit der alten Römer, bei denen Bewerber für ein Amt die toga candida, eine glänzend weiße Toga trugen. Demnach ist es also eine Ehre, bei einer Wahl anzutreten.
Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass wir von einem Wahlrecht sprechen. Wir dürfen an der Wahl teilnehmen, weil wir weder in einer Diktatur noch in einer Monarchie leben. Trotz aller Probleme ist Deutschland immer noch eine Demokratie. Das Wort setzt sich aus δῆμος (Staatsvolk) und κράτος (Herrschaft) zusammen, bedeutet also Volksherrschaft.
Wir haben mit unserer Stimme also einiges zu sagen, wenn sie in der Urne landet. Also geht wählen!