Heute hat die Gesellschaft für deutsche Sprache ihr „Wort des Jahres“ verkündet. Sie hat dabei den Begriff „Heißzeit“ gewählt, der die Folgen des Klimawandels illustrieren soll, der in diesem Jahr durch den besonders trockenen Sommer deutlich wurde. Die Reaktionen zeigen jedoch, dass niemand etwas mit dem Wort anfangen kann. Der Kommentar „nie gehört“ ist zum Beispiel bei Facebook sehr häufig zu lesen. Woher kommt dieses Wort also?
Um diese Frage zu beantworten, hilft ein Blick auf Google News. Dort kann man nämlich den Zeitraum der Suche über die Tools einschränken. Wenn man die aktuellen Meldungen zum Wort des Jahres weglässt, also die Suche beispielsweise auf einen Zeitraum bis zum vergangenen Wochenende einschränkt, ergibt sich ein interessantes Ergebnis. Die Meldungen, die dann übrigbleiben, sind alle rund um den 7. August datiert. Damals veröffentlichten Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung eine neue Studie und erfanden dabei das Wort „Heißzeit“. Allein auf diese eine Studie bezieht sich das Wort des Jahres. Darüber hinaus hat sich der Begriff aber gar nicht etabliert. Deshalb ist es eine zweifelhafte Wahl, auch wenn das dahinterstehende Thema Klimawandel natürlich sehr wichtig ist.
Ähnlich sind es beim zweiten Platz der diesjährigen Wahl zum Wort des Jahres aus. Da hat die GdS sich für „Funklockrepublik“. Auch bei diesem Suchbegriff ist die Ausbeute bei Google News in der Zeit vor den heutigen Meldungen sehr mager. Vor genau einem Monat gab es eine Kolumne des Bloggers Sascha Lobo mit dem Wort in der Überschrift. Ansonsten nur noch zwei, drei weitere Texte, in denen dieser Begriff Verwendung fand. Wir reden hier wieder über ein Thema, das alle Menschen betrifft und dessen Folgen weit verbreitet sind. Aber das Wort selbst ist nicht im Umlauf.
Erst auf den Plätzen drei und vier folgen bekannte Wörter, nämlich „Ankerzentren“ für Flüchtlinge und der Ausdruck „wir sind mehr“ für den nicht-radikalisierten Teil der Gesellschaft. Doch dann sehen wir auf dem fünften Rang ein Wort, das komplett der Fantasie der GdS entsprungen ist. Das Wort „strafbelobigt“ soll stellvertretend für den Fall Maaßen stehen, aber Google News kennt es überhaupt nicht, weder genau in dieser Form noch im Infintiv „strafbelobigen“ oder als Substantiv „Strafbelobigung“.
Als Martin Luther sich im 16. Jahrhundert mit seiner Bibelübersetzung beschäftigte, empfahl er in seinem Sendbrief vom Dolmetschen, dem Volk aufs Maul zu schauen. Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat genau dies nun nicht getan. Damit bewegt sie sich in Richtung eines großes deutschen Wörterbuch-Verlags, der alljährlich Begriffe erfindet und sie als „Jugendwort des Jahres“ verkauft.